Das Rauchen „verlernen“?
Ein Kernsatz der Verhaltenstherapie lautet: Menschliche Verhaltensweisen, die erlernt wurden, können auch wieder „verlernt“ bzw. „neu gelernt“ werden – zum Beispiel im Rahmen eines therapeutischen Prozesses. Auch das Rauchen kann vor diesem Hintergrund als erlerntes Verhalten verstanden werden: Kinder bis zum Alter von zehn bis zwölf Jahren finden Tabakqualm meist noch abstoßend und können es nicht nachvollziehen, dass Erwachsene freiwillig zur Zigarette greifen. Dennoch fängt ein Teil von ihnen später selbst an, zu rauchen und dabei spielen Lernprozesse eine wichtige Rolle.
Einstieg in das Rauchen durch Vorbilder
Beim sogenannten „Modelllernen“ orientieren sich Menschen am Verhalten anderer. In der Phase der Identitätsbildung in der Jugend sind es zumeist andere Jugendliche oder Vorbilder (z.B. Stars), deren Lebensstil nachgeahmt wird. Auch beim Einstieg in das Rauchen spielt das Lernen am Modell eine wichtige Rolle.
Wenn Verhaltensweisen belohnt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie immer wieder gezeigt werden – so lautet ein weiteres wichtiges „Lerngesetz“ (auch „operante Konditionierung“ genannt). Rauchen wird anfangs oft mit Anerkennung oder dem Gefühl von Erwachsensein belohnt. Später besteht die positive Verstärkung des Rauchens zum Beispiel darin, dass es den Kontakt mit anderen erleichtert oder Auszeiten im alltäglichen Stressgeschehen erlaubt. Mit der Zeit entwickeln sich – zum großen Teil nicht bewusst – eine Vielzahl von solchen Verknüpfungen zwischen dem Rauchen und erwünschten Konsequenzen. Sie schleifen sich als Gewohnheiten oft tief ein, deshalb bedeutet eine Tabakentwöhnung auch immer eine Entwöhnung von diesen Verhaltensweisen. Oder anders formuliert: Ein Verlernen von Gewohnheiten.
Rauchmuster erkennen und durch genussvolle Alternativen ersetzen
Ein erster typischer Schritt eines verhaltenstherapeutisch orientierten Programms besteht darin, sich das eigene Rauchverhalten bewusst zu machen: Welche Funktionen hat die Zigarette in meinem Leben übernommen? In welchen Situationen rauche ich für gewöhnlich – an welchen Orten, in welcher Stimmung, zu welchen Zeiten? Worum geht es mir dabei? Will ich mir mit dem Rauchen einer Zigarette eine Auszeit verschaffen? Meinem Tag eine Struktur geben? Kontakt zu anderen aufnehmen? Eine langweilige Beschäftigung unterbrechen?
Danach geht es darum, neue Verhaltensweisen zu entwickeln, die die alten Muster ersetzen: Welche alternativen, gesünderen Möglichkeiten gibt es, Rückzugsräume im Alltag zu schaffen, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, dem Tag Struktur zu geben, und so weiter. Und wie kann ich meine äußere Umwelt und meine Lebenssituationen so „entschärfen“, dass das Verlangen nach einer Zigarette möglichst gering ausfällt oder sogar ganz ausbleibt? Lässt sich beispielsweise die Raucherecke auf dem Balkon so umgestalten, dass dieser Ort nicht mehr zum Rauchen „auffordert“ bzw. einlädt.
Auch Gedanken an das Rauchen spielen eine wichtige Rolle
Bei einer Kognitiven Verhaltenstherapie (kognitiv = das Denken betreffend) werden neben der Verhaltensebene auch Gedanken und Erwartungen thematisiert, die mit dem Rauchen verbunden sind. So sind typische Gedanken vieler Raucherinnen und Raucher etwa: „Diese Zigarette habe ich mir jetzt verdient“, „Ansonsten lebe ich ja ziemlich gesund, das gleicht sich schon irgendwie aus“, „Mein Großvater ist trotz Rauchen alt geworden“ oder auch „Ich kann jederzeit mit dem Rauchen aufhören. Jetzt gerade passt es nicht.“ – allesamt Gedanken, die dazu beitragen, dass das Rauchen beibehalten wird. Bei einer Kognitiven Verhaltenstherapie werden diese Denkmuster hinterfragt und schrittweise durch andere, gesundheitsförderliche Gedanken ersetzt.
Studien konnten die Wirksamkeit von verhaltenstherapeutischen Programmen belegen. Ein überwiegender Teil der Raucherentwöhnungsangebote in Deutschland orientiert sich an der Methode der kognitiven Verhaltenstherapie.