27.10.2020
11:54 Uhr
Hallo Dani,
deine Selbstvorstellung spricht mich an, dir zu schreiben.
Zu deinem Plan, mit dem Rauchen aufzuhören, kann ich dich nur beglückwünschen. Als ich vor dreieinhalb Jahren dieses Forum kennenlernte, bewegte mich die Frage, warum ich denn eigentlich mit dem Rauchen aufhören sollte. Ich dachte, ich genieße das Rauchen und das Drumherum. Ich dachte damals, wie schön und herrlich doch der erste Kaffee am Morgen zusammen mit der ersten Zigarette am Morgen sei. Es störte mich überhaupt nicht, draußen zu rauchen. Ich hatte da meine Ecke im Garten, wo ich gemütlich sitzen konnte, und ich genoss dieses morgendliche Ritual. - Dachte ich zumindest.
Heute denke ich anders darüber. Diesmal scheint bei mir der Schalter sogar richtig umgelegt zu sein.
Ich habe mehr als einen Aufhör-Versuch hinter mir und mich im Laufe der letzten dreieinhalb Jahre viel mit dem Rauchen, dem Nicht-mehr-Rauchen, der Wirkung von Nikotin und der Selbstbeobachtung beschäftigt. Aus Erfahrung weiß ich, dass jeder Aufhörversuch anders ist. Entscheidend scheint dabei allerdings auch zu sein, wie man über das Rauchen denkt bzw. sich dazu fühlt und wie sehr man die Zigarette in gewissen Situationen gebraucht hat. Wenn du dich hier im Forum etwas einliest, wirst du feststellen, dass es hier unterschiedliche Positionen und teils ziemlich verschiedene Typen gibt. Nach meiner Beobachtung ist es oft nicht genug, aus reinen Vernunftgründen aufzuhören. Es gibt zwar Menschen, die es damit dauerhaft schaffen, aber unterschätz deine Gefühle und dein Belohnungszentrum nicht. Wenn du glaubst, etwas zu verlieren, wenn du nicht mehr rauchst, wird es hart und die Wahrscheinlichkeit, wieder zu rauchen, ist recht hoch.
Nikotin ist ein sehr, sehr starker Suchtstoff. Es braucht, nachdem es inhaliert wurde, etwa sieben Sekunden, bis es die Blut-Hirn-Schranke überwunden hat und wirkt sofort auf die Biochemie deines Gehirn ein und spricht dein Belohnungszentrum an. In einem komplizierten Zusammenspiel steuert der Chemiecocktail aus Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Endorphin in unserem Gehirn unser Wohlbefinden, unsere Laune, unser Glücksgefühl, unsere Wahrnehmung und vieles mehr. Das Nikotin wirkt viel schneller als das, was auf natürlichen Weg die Ausschüttung des Belohnungshormons Dopamin bewirkt. Hat dein Gehirn diese Wirkung und den Zusammenhang zwischen Rauchen und „Wohlbefinden“ erst einmal kennengelernt und gelernt, dass es eine so eine bequeme Abkürzung gibt, gibt es kein Zurück mehr.
Um dir selbst bewusst zu machen, was da in Dir geschieht, könntest du dich in der nächsten Zeit etwas genauer beobachten und in dich hineinhorchen:
Zu welchen Gelegenheiten rauchst du? Wie fühlst du dich vor, während und nach dem Rauchen? Gibt dir das Rauchen wirklich etwas oder vielleicht doch nicht? Schmecken Zigaretten wirklich? - Du könntest dir ein Kippengrab anlegen. Hab ich auch gemacht. Sammle dazu in einem Glas mit etwas Wasser und Deckel all deine gerauchten Kippen. - Wie schnell ist die Zigarette aufgeraucht? Brauchst du im Anschluss gleich noch eine zweite oder sogar dritte, weil die Zigarette kaum angezündet schon wieder aufgeraucht ist?
Wie fühlt es sich an, wenn die Schachtel leer wird und du eine neue kaufen musst? Siehst du dich, wenn du irgendwo fremd bist, besorgt nach einer Möglichkeit um, wo du Nachschub bekommen kannst?
Wie fühlst du dich, wenn du weißt, dass du gleich an einem Ort bist, an dem du zwei oder mehr Stunden nicht rauchen kannst? Rauchst du auf Vorrat?
Und: Schau dich jetzt schon mal nach guten Alternativen um, wie du mit Stress umgehen kannst, wie du für Entspannung sorgen kannst, wie du dich belohnen und motivieren kannst.
Was du beim Ausstieg sehr wahrscheinlich kennenlernen wirst, ist diese Leere. Das Gefühl, dass etwas fehlt. Mancher verwechselt es mit Hunger. Den körperlichen Entzug hast du spätestens nach drei Tagen durch. Er ist eigentlich gar nicht so wild. Schwierig kann der psychische Entzug werden. Wenn du jahrelang geraucht hast, wirst du sehr viele Situationen kennen, die du mit dem Rauchen verknüpfst. Ich denke da an die Stress-, Entspannungs-, Belohnungs- oder Motivationszigarette.
Sehr geholfen hat mir übrigens auch das Buch von Allan Carr, „Endlich Nichtraucher.“ Ich hatte anfangs zwar etwas Schwierigkeiten mit seinem Stil, aber beim Lesen hat sich in meinem Kopf etwas verändert.
Ich bin gespannt, von dir zu lesen.
Alles Gute, bis...
Kirsten