Hallo Chris,
also meinen Respekt zu Deinen über drei rauchfreien Wochen. Dein Ausstieg ist eher atypisch, so durch das eher nicht geplante Garnichtrauchen im Urlaub und den anschließenden Schwindel nach einer Zigarette - aber ich finde es große Klasse, wie Du diese Gelegenheit direkt genutzt und die richtigen Schlüsse daraus gezogen hast. Große Klasse!
Die Erscheinungen, die Du derzeit spürst, sind tatsächlich Entzugserscheinungen - wenn auch, da geb ich Dir durchaus recht, diese bereits außerhalb des Zeitraums für körperliche Erscheinungen liegen. Doch der Entzug ist ja nicht die blanke Entgiftung und der körperliche Entzug, das ist ja viel mehr. Und den meisten Aufhörern macht tatsächlich auch der psychische Entzug und die darausresultierenden Gemütszustände mehr zu schaffen. Diese sind leider mit drei Wochen noch nicht abgefrühstückt - da möchte ich Dich noch um ein wenig Geduld bitten - aber die gute Nachricht ist: sie heilen folgenlos aus.
Ich sehe da im Moment mehrere Komponenten auf Dich einprasseln: Erstens mal haben viele Aufhörer hier, so auch ich selber, die Erfahrung gemacht, daß wir alle Gefühle, die positiven wie auch die negativen, einige Zeit nach dem Rauchstopp wesentlich stärker wahrnehmen als vorher. Haben wir unsere Gefühle vorher doch vernebelt, gedämpft, nur durch den Qualm erahnt (das scheint tatsächlich eine Wirkung zu sein), so treffen sie uns jetzt ungebremst und "echt", so wie sie eigentlich auch sind. Und ja, Du sagst darin mußt Du Dich zurechtfinden - aber das schafft man auch. Denn schau mal, Nichtraucher kennen es nicht anders und kommen auch zurecht - und auch schon länger rauchfreie Aufhörer kommen damit klar. Also man gewöhnt sich an die Klarheit und Intensität der Eindrücke und der Gefühle, die sie verursachen.
Die zweite mögliche Komponente ist die, daß der Körper eines aufgehörten Rauchers erst einmal wieder lernen muß, Glücksbotenstoffe zu produzieren. Deren Funktion hat nämlich das Nikotin übernommen. Bis die wieder rollt, spürt so mancher Aufhörer Stimmungsschwankungen, die auch mal etwas intensiver ausfallen können. Doch auch da kann ich Dir Hoffnung machen: Der Körper nimmt die Produktion der benötigten Botenstoffe wieder auf, nicht plötzlich und auf einmal, aber stetig. Und dann findet man auch wieder zu seiner Mitte.
Und drittens macht sich der Entzug in Wellen bemerkbar. Diese sind nicht bei jedem gleich und auch nicht zeitlich vorhersagbar. Dein Einstieg in den Ausstieg lag in einer Ausnahmesituation, dann danach ging es darum, wieder in den Alltag zu finden, da hat es sich vielleicht nicht so bemerkbar gemacht. Aber jetzt, in der Normalität des Alltags, schlägt eine Welle hoch, und gleich merkst Du es umso intensiver. Das kann ich Dir so als mögliche Erklärung anbieten.
Doch nochmals, jeder Entzug, auch wenn er mitunter anstrengend ist, ist irgendwann ausgestanden. Bis dahin tu jederzeit, was dazu geeignet ist, daß es Dir besser geht. Was tut Dir denn gut, was harmonisiert Dich, erfreut Dich? Spazierengehen, Bewegung an der frischen Luft, Sport? Oder gute ausgewogene Mahlzeiten? Was ist es für Dich Chris, was hilft Dir in schwierigeren Situationen?
Ich denke, Du bist auf einem guten Weg, und Du hast wirklich hilfreiche und liebevolle Unterstützung durch Deine Freundin. Deshalb mach weiter, nutze die Chance. Und zögere nicht, wie bereits angeboten, Dich wieder zu melden, wenn Du Unterstützung, Austauch oder einfach nur plaudern möchtest. Bis dahin freundliche Grüße von
Lydia