Guten Tag Uwe,
ich beglückwünsche Dich herzlich zu Deiner Entscheidung, dem Rauchen zu entsagen, egal ob diese erst jüngst oder schon vor längerem gefallen ist! Und ich heiße Dich hier bei uns Aufhörern herzlich willkommen, schön daß Du Deinen Weg zu uns gefunden hast.
Meiner Rechnung nach sollte heute Tag 6 sein, richtig? Wie geht es Dir heute, haben sich Deine Gelüste erneut verändert? Laß es eine Finte der Sucht sein, daß sie Dir nichts gibt, worauf Du Dich einrichten kannst. Immer wieder wartet sie mit neuen Schmachtformen auf, in der Hoffnung Dich zu zermürben. Schmachtwellen- und Gefühlsachterbahn sind hier keine unbekannten, viele von uns erleben den Entzug so, besonders am Anfang. Es tut mir wirklich leid, daß Du gerade so am Knabbern bist. Aber ich verrate Dir was: Du kannst stärker sein als das!
Du sprichst von 72 Anläufen, 72 mal Scheitern, 72 mal Verlieren (mitgezählt?). So sehe ich es nicht. Ich sehe 72 mutige Schritte, 72 Erfahrungen, 72 mal was dazu gelernt, nämlich: in welchen Gefühlslagen, Situationen oder Tagesformen kann Dich die Sucht wieder einfangen? Was waren die Auslöser für Dich, wieder zu rauchen? Und da Du das jetzt weißt, kannst Du Dir jetzt Strategien überlegen, wie Du künftig diese Ausläser, Gefühlslagen, Situationen bewältigen kannst, ohne dazu rauchen zu "müssen". Statt dessen auf den Boden und Liegestützen machen? Fenster aufreißen, zehnmal tief atmen? Eine Runde um den Block joggen? Reflektiere doch mal die Gründe, die Dich taumeln ließen, und überlege Dir, wie Du künftig reagieren willst, das ist schon hilfreich. Jeder dieser Schritte ist ein Baustein auf Deinem Weg in die dauerhafte Rauchfreiheit - das sehe ich. Und nicht scheitern.
Zu der Zahl habe ich eine Frage: Waren es wirklich alles ernste Aufhöranläufe, sicher daß da nicht auch ein paar halbherzige dabei waren, die Dir nicht so viel bedeutet haben? Bei mir gab es solche auch (wie bei vielen von uns). Doch diese sehe ich nicht als wirkliche Aufhörversuche an, ernsthaft versucht habe ich es dabei nämlich nicht. Das war mehr so "ich kann jederzeit aufhören - ich mag aber nicht"... Kennst Du diese Irrmeinung auch? Wenn ja, dann bin ich eigentlich überzeugt, Du bist nicht 72 mal "gescheitert" wie Du es sagst (und ich es bestreite, s. o.). Gelernt, Erfahrungen gewonnen hast Du trotzdem!
Du sagst auch, Du hast auch früher schon erfolgreich aufgehört: waren denn da Strategien dabei, die Dir jetzt wieder helfen könnten? Was hat Dir damals gutgetan und zum Durchhalten beigetragen?
Bewegung ist ein absolut geeignetes Mittel zur Bewältigung von Entzug und Entwöhnung. Wenn es Dir gut tut, Dich zu verausgaben, dann will ich Dich nicht bremsen in Deinem Bewegungsdrang: Aber bitte sei gleichzeitig gut zu Dir. Gib Dir nicht das Gefühl, Du müßtest Dich kasteien oder bestrafen, daß Du das Rauchen aufhörst. Hör auf Dein Gefühl: Sagt der Körper, jetzt ist aber mal gut, dann höre auf ihn. Und sagt Dir etwas, Du könntest jetzt mal eine Belohnung vertragen, dann mach! Und belohne Dich bitte auch, wenn Dich nichts in Dir dazu auffordert. Gönne Dir trotzdem was, das Dir angenehm ist oder Freude macht, denn es hält die Motivation oben und vermittelt Dir das Gefühl, daß beim Nichtmehrrauchen was für Dich rausspringt (was ja auch, wie Du selber weißt, so ist!), noch bevor Du die positiven Folgen davon schmachtfrei auskosten kannst.
Und ja, so ein Entzug mag wie ein Gewicht empfunden sein, wie eine unüberschaubare Last. Muss es aber nicht, denn: Versuche doch, diese Last nicht auf einmal abzutragen. Trage sie Tag für Tag ab, stehe jeden Tag mit dem Vorsatz auf "heute rauche ich nicht". Das ist eine überschaubare Einheit, das schaffst Du doch, oder? Und morgen machst Du es wieder so und übermorgen... Du mußt nicht jetzt schon den Weg zu Ende denken, denk doch erstmal an den nächsten Schritt. Den kannst Du doch, richtig? Außerdem bist Du hier, vielleicht kann Dir die Community oder schon allein das Schreiben ja auch ein wenig beim Sortieren des Wustes helfen... Teile Dich jederzeit mit, Du siehst ja, es ist immer jemand da, der was dazu sagen kann.
In diesem Sinne wünsche ich Dir weiterhin Biss und Optimismus! Hoffe bald wieder von Dir zu lesen,
Lydia