Hi Rojanna,
ach herrje es tut mir leid, daß Du Dich gerade von der Sucht, der Schmacht so verfolgt fühlst. Dieses üble Gefühl kenne ich auch. Und ich kenne auch die Umstände, unter denen Du es gerade erlebst, denn auch ich habe in meiner letzten Raucherkarriere höchstens fünf bis sieben Zigaretten am Tag geraucht. Das ist egal: Auch Wenigraucher können komplizierte Entzüge erleben, wir sind nicht weniger süchtig (rein psychisch gesehen) als stärkere Raucher.
Daß dieses Gefühl gerade jetzt, an diesem Punkt nach praktisch drei Wochen auftritt, verbinde ich persönlich mit der Formel des Nichtmehrraucherpapstes Allen Carr "Drei Tage, drei Wochen, drei Monate". Das äußert sich für jeden anders, doch Fakt ist, daß um die genannten Zeiträume herum in den Entwöhnungen Meilensteine gesetzt werden können, zu denen sich irgendwas ändert, zu denen irgendwas passiert, sei es körperlich oder psychisch. Und diese werden vielfach von Schmachtwellen begleitet. Diese Wellen bleiben nicht konstant hoch, sie flauen auch wieder ab! Auch wenn die Tage unangenehm sein mögen.
Bei Dir würde ich vielleicht annehmen, daß eben gerade aufgrund Deines geringen Konsums die psychische Sucht doch ein wenig länger abgewartet hat, bis sie Dich belästigt, denn es hätte ja immer noch sein können, daß nochmal was nachkommt. Doch jetzt ist sicher, daß Du es ernst meinst mit dem Ausstieg - und jetzt kommt sie maulen. Mit all den hinterlistigen, fadenscheinigen Argumenten, die sie auch anderen Aussteigern hinbrät: Nur eine Zigarette. Du hast das im Griff...
Die Wahrheit ist, daß man es niemals im Griff hat. Keiner, der sich einmal in eine Sucht reinlaviert hat (also wir alle hier), hat das im Griff. Ich habe mir nach elf rauchfreien Jahren gedacht, eine ginge schon mal - sie hat mich umgehend in eine erneute Raucherkarriere von weiteren zweieinhalb Jahren geführt. Also laß Dich bitte von den merkwürdigen Argumenten der Sucht nicht täuschen Rojanna.
Was würde es Dir bringen zu rauchen? Mal abgesehen davon, daß Du möglicherweise weitermachen würdest? Daß es Dir besser geht? Frag mal Aufhörer, die ausgerutscht sind: sie fühlten sich hinterher alle niedergeschlagen und haben sich geärgert. Manchen wurde auch schlecht. Also diese eine Zigarette würde nicht mal halten, was sie verspricht.
Und schließlich: die Schmacht kann Dir gar nichts. Sie wird vergehen, wird nicht stetig so bleiben. So viele hier haben es erlebt und geschafft, und das kannst Du auch. Lach den Gedanken ins Gesicht, sage, ihr lügt mich doch bloß an, aber ich bin gescheiter als Ihr. Und diskutiere nicht mit der Sucht. Basta.
Könntest Du Dir auch auf Arbeit vielleicht mit einer Atemübung behelfen? Eine recht hilfreiche wird wie folgt durchgeführt: Atme für fünf Sekunden lang durch die Nase in den Bauch ein, sodaß er sich wölbt. Dann halte die Luft für fünf Sekunden an. Und schließlich blase die Luft durch die leicht geöffneten Lippen wieder aus, als würdest Du eine Kerze sachte ausblasen. Wiederhole dies ein paarmal. Es wirkt entspannend und lösend (übrigens auch in Steßsituationen, bei Prüfungsangst u. a. ). Versuche es doch mal.
Ich leide wirklich mit Dir, daß Du jetzt so gegen die Sucht anstemmen mußt. Doch ich denke, das gehört zu der Auseinandersetzung dazu. Du kannst und wirst es schaffen - und das weiß ich weil ich es auch durch einen durchaus kniffeligen Entzug geschafft habe, also kannst Du das auch! - und der "Dauerschmachter" wie Du ihn erlebst bleibt nicht dauerhaft auf dem hohen Niveau. Bitte halt durch, Du kannst das.
Komm wieder her und schreib Dir die Last von der Seele, wir haben sowas auch alle durch hier. Gemeinsam trägt es sich leichter. Viele Grüße, Sturheit, Optimismus und Sonnenschein sendet Dir
Lydia