Hallo Community,
jetzt sitze ich hier und hatte eigentlich viele Fragen, entscheide mich aber spontan dazu einen Erfahrungsbericht abzuliefern, der womöglich dem ein oder anderen helfen könnte der bereits aufgehört hat. Vielleicht findet sich aber auch jemand der ähnliche Erfahrungen gemacht hat? Würde mich freuen auf gleichgesinnte zu treffen :) Das ganze wird wohl auch recht plastisch und ich rede auch von Auswurf und seiner Farbe. Wen das stört, der sollte hier aufhören zu lesen.
Ich, männlich, 35 J., leide an leichtem Reflux und moderatem Bluthochdruck, der gut und gerne zu Sodbrennen und anderem Unbehagen führen kann, geraucht mit diversen Unterbrechungen (teilw. mehrere Monate, aber nie mehrere Jahre am Stück), im Grunde seit ich 15-16 bin etwa eine halbe Packung täglich. Mal mehr mal weniger. Mein letzter Versuch war nach der Geburt meiner Tochter im Jahr 2019 für ein gutes halbes Jahr. Dann wieder angefangen aus dummen Gründen. Ich könnte jetzt Stress vorschieben, den ich tatsächlich hatte (Beruflich, Hausbau, Kind.. alles also ziemlich lebensverändernd). Aber wir wissen alle, Rauchen ist der vermutlich größte Stressfaktor den man sich selbst antun kann. Und alleine das ist schon dumm, daher war es nichts anderes als meine eigene Dummheit.
Alles beginnt ca. im November 2020, als ich wieder einmal angefangen habe regelmäßig zumzuhüsteln, mich zu räuspern und hier und da mal mit dem typischen morgendlichem Auswurf zu kämpfen hatte. Kennt man ja. Diesmal hat mich meine Frau allerdings drauf aufmerksam gemacht, dass Dauer, Frequenz und Intensität meiner "Hustenanfälle" wohl zugenommen hätten. Ich hab mir nichts großes dabei gedacht, mir gings ja noch gut. Während den Weihnachtsfeiertagen dann aber der Hammer. Husten wurde schlimmer, Schmerzen in der Brust, ziemlicher Druck den ich so noch nicht kannte. Husten wurde schlimmer, mir gings mental immer schlechter. Gefühlt hab ich auch weniger Luft bekommen, bilde ich mir ein. Irgendwann sind mir auch die Arme eingeschlafen, also hab ich den Notarzt gerufen. Könnte ja ein Herzinfarkt sein? EKG, beobachtet, alles gut.
Am nächsten Abend wieder gehustet, etwas Blut im Auswurf. Panik, Schwindel, Todesangst. Ich wusste in diesem Moment: ich werde nie erleben, wie mein Kind zur Schule geht. Vorbei. Lungenkrebs. Noch mehr Panik. Was macht man also? Versuchen wieder rational zu werden. War aber auch ne blöde Idee. Ich wollte herausfinden ob das Blut jetzt wirklich aus meiner Lunge oder sonst woher kam (Spoiler: kalte Jahreszeit, gereizter Rachen, der Druck und die Kontraktionen durchs Husten haben kleine Äderchen im Rachen platzen lassen, wusste ich da aber noch nicht). Wollte auch feststellen ob das eine einmalige Sache war oder ob da jetzt öfter Blut kommt, also hab ich mich selbst zum Abhusten genötigt und gezwungen. Not-so-fun-fact: es kam öfter. Ihr könnt euch vorstellen, dass die Feiertage alles andere als spaßig waren. Haben ja auch keine Ärzte offen. Und jetzt fragt mich bitte nicht warum ich nicht ins Krankenhaus bin, im Nachhinein hätte ich das tun sollen. Aber so hab ichs ausgesessen und sehnsüchtigst auf den 4. Januar gewartet, an dem mein Hausarzt wieder offen hatte.
In diesen Tagen hat sich meine Lage verschlechtert, ehrlich gesagt. Husten wurde schlimmer, Blut kam auch immer wieder mal mit, aber nicht immer und auch nie viel. Das waren ehrlicherweise die Momente die mich wieder beruhigt haben, denn wenn ich nicht konstant Blut im Auswurf habe, dann muss es andere Gründe haben. Ich hab dann auch den größten und wohl dümmsten Fehler gemacht, den ich je machen konnte. Ich hab gegoogelt. Und das ist jetzt der wohl beste Tipp den ich jedem in so einer oder ähnlichen Situation geben kann und das kommt aus den tiefsten Tiefen meiner Bronchien und meines Herzens: googelt nicht eure Symptome. Ihr sterbt 100%ig an an Krebs oder habt COPD wenn man danach geht. Das Internet ist ein Drecksloch und so behandelt es euch auch..
Achso, ich hab am 25. Dezember 2020 dann übrigens auch direkt das Rauchen eingestellt. Das war sogar noch bevor ich Blutfäden im Auswurf hatte. Seit dem erzwungenen Rauchstopp wurden die typischen Symptome dann aber auch noch schlimmer. Hustenanfälle nahmen zu, Auswurf wurde mehr. Ich hatte Schmerzen in der Brust im unteren Rippenbogen, schmerzen in der Muskulatur unter den Armen nahe der Schulterblätter (müsste wohl der latissimus dorsi sein, aber das war nur ein Google Quicksearch), Stechen und Zwicken an diversen stellen in der Brust, vornehmlich links, Engegefühl in der Brust in der Herzgegend, verspannte Schultern, rauher Hals, Schluckbeschwerden mit Schmerzen am Kehlkopf (wohl da wo in etwa die Schilddrüsen liegen), ich wurde kurzatmig, aber keine Atemnot.
Am 4. Januar bin ich also direkt mit meinem EKG vom Notarzt zu meinem Hausarzt. Ernüchternderweise wurde das Gros meiner Beschwerden tatsächlich auf meinen Reflux geschoben. Ja, Weihnachten habe ich jetzt nicht so sehr auf meine Ernährung geachtet wie ich sollte und da kann sich ein Reflux schon auch gerne mit Brust- und Halsschmerzen melden. Das Blut wurde auch darauf geschoben, Reizung des Rachens. Wenigstens stimmte diese Diagnose, wusste ich zu der Zeit aber nicht. Man hat mir dann eine höhere Dosierung meiner Reflux Medikation verschrieben und mich auf zwei weitere Wochen vertröstet. Wenn es sich nicht bessert. Es besserte sich schon nach einer Woche so sehr nicht, dass ich mit Proben meines Auswurfs (ein Taschentuch in einer Plastiktüte) direkt eine Woche später wieder hin bin. Hab dann einen negativen Corona-Test und Überweisungen zum HNO und Pneumologen (Lungenfacharzt) mit Verdacht auf Hämoptoe bekommen. Ironischerweise hatte ich seit genau diesem Tag nicht ein Mal mehr Blut im Auswurf, daher konnte der HNO (der Termin kam relativ schnell am 15. Januar) auch nichts feststellen. Wie ich jetzt vermute, war das tatsächlich durch das kalte trockene Wetter bedingt und kam aus dem hinteren Nasen-Rachenraum. Who knew?! Drei Tage später am Montag den 18. folgte dann der Termin beim Pneumologen. Volles Programm: Lungenfunktionstest, Thoraxröntgen, diverse andere Untersuchungen im Blut aus Arm (Entzündungswerte) und Ohr (Blutgasanalyse), und ein weiterer Test den ich selbst Zahlen musste für 35 Euro dessen Namen ich schon wieder vergessen habe. Ging um den Kohlenmonoxidanteil beim Ausatmen. Allergietest war auch gleich dabei.
Was soll ich sagen. HNO sagt mein Kehlkopf ist ok, der Lungenarzt sagt meine Lunge sieht aus wie die eines Nichtrauchers. Zwerchfell ist ok. Alle Werte waren soweit ok, leichte Entzündungswerte in den Bronchien und etwas erhöhte Kohlenmonoxidkonzentration. ALs ich nach COPD gefragt habe wurde ich fast abgewatscht, denn ich sei ja noch viel zu jung. Alles also nichts Besorgniserregendes. Hab jetzt einen Cortison-Inhalator den ich für 4 Wochen verwenden soll, bis dahin soll sich mein Husten komplett gelegt haben. Also NULL Husten mehr. Bin gespannt.
In der Zwischenzeit gab es aber Höhen und Tiefen. Meine Frau findet mein Husten wurde sogar noch schlimmer, ich sehe das anders. Ich huste oft auch absichtlich um den Schleim loszuwerden, ohne dass ich einen körperlichen Drang dazu habe. Mein Auswurf ist die meiste Zeit klar bis leicht gelblich, morgens kommt etwas mehr Dreck raus. Da gehts dann auch vereinzelt ins gelb-bräunliche. Braun war er aber wirklich nie, schwarz schon gleich drei mal nicht. An COPD denke ich hin und wieder, auch wenn der Arzt sagt das ist es nicht. Aber meine Bronchien produzieren schon verhältnismäßig viel Schleim. Zu Beginn dachte ich selbstverständlich auch an Lungenkrebs. Das tue ich jetzt aktiv nicht mehr, aber eine gewisse Angst begleitet mich weiterhin. Ich träume hin und wieder davon Blut zu husten und auch wenn ich einfach so einen meiner leichten Hustenanfälle habe erwarte ich jeden Moment rote Suppe. Sie kommt aber bislang nicht. Brustschmerzen habe ich keine mehr, nur vereinzelt ein leichtes Stechen auf der linken Seite im unteren Rippenbogen. Möglicherweise das Zwerchfell, aber das frag ich meinen Pneumologen in 3 Wochen. Das beunruhigt mich gerade nicht. Einen rauhen Hals hab ich noch, ebenso die Schluckbeschwerden mit Schmerzen links und rechts vom Kehlkopf. Damit gehe ich nächste Woche ggf. nochmal zum HNO, aber ich denke das liegt auch an der vielen Husterei.
War jetzt auch schon mehrfach Joggen, alle zwei Tage um genau zu sein. Ist ungewöhnlich für mich, aber ich brauch das um mir selbst zu beweisen, dass meine Lunge noch funktioniert. Das tut sie übrigens jetzt besser denn je! Mir fallen längere Distanzen leichter als sonst, Geschwindigkeit hat sich um ein vielfaches verbessert. Damit hätte ich nicht gerechnet. Die kalte trockene Winterluft ist aber eigentlich völlig kontraproduktiv, weil ich nach jedem Lauf starken Hustenreiz entwickle. Auswurf klar auch, ich hab gelesen Schleim kann sich durchs Joggen lösen. Ich ernähre mich jetzt gesünder, trinke weniger Kaffee, dafür sehr viel Wasser und Tee. Mein Harndrang verteufelt mich zwar gerade dafür, aber mein Körper und ich müssen uns jetzt neu kennen lernen. Wird schon. Süßkram fällt auch weg, das fällt mir schwerer als auf die Zigaretten zu verzichten. Ich hab aber auch seit Weihnachten nicht ein einziges mal daran gedacht mir wieder eine Kippe in den Mund zu stecken. Ich hab auch keine Alternativrituale oder sonstiges. Ich habs einfach gelassen und durch nichts ersetzt und das war das mMn klügste das ich tun konnte. Und ich würde das auch jedem uneingeschränkt empfehlen der darüber nachdenkt aufzuhören. Alternativrituale lassen dich mental nicht aus der Raucherspirale. Wenn du mit einem Stift in der Hand wedelst, statt eine zu Rauchen sind deine Gedanken aber trotzdem noch beim Rauchen. Wie kann ich da jemals los lassen? Viele kommen auch erst aus einer Beziehung wenn sie die entsprechende Telefonnummer gelöscht haben und ich sehe das ähnlich. Man muss einen kompletten Schlussstrich ziehen und dann konsequent bleiben. So stört es mich auch nicht mehr wenn mein Umfeld raucht und ich dabei stehe. Oftmals geh ich einfach nicht mit vor die Tür, wieso sollte ich mir auch den Hintern abfrieren für nichts. Übrigens: man verspricht sich ja auch, dass Geruch und Geschmack besser werden. Davon merke ich ehrlicherweise nichts. Vielleicht fällt es mir aber auch nicht auf.
Was bleibt zusammenfassend also zu sagen? Die Psyche ist eine B*tch! Es kann viel passieren, viel zusammenspielen, aber oftmals bildet man sich auch Dinge ein (spielt eure Symptome trotzdem nicht runter! Geht zum Arzt wenn ihr unsicher seid!! Und sprecht eure Themen offen an, auch psychische, bevor ihr euch mit Schnelldiagnosen abspeisen lasst!!!). Ich weiß jetzt, dass ich Krebsfrei bin, ich weiß auch, dass ich kein COPD habe. Meine körperlichen Beschwerden lassen nach, auch wenn ich noch vermehrten Auswurf habe (der morgendliche Husten ist fast weg und der Auswurf sieht weniger schlimm aus als zu Beginn). Ich denke einfach, dass sich meine Lunge jetzt selbst reinigt und ich damit noch eine kleine Zeit leben muss, bis der Dreck der letzten zwei Jahrzehnte raus ist. Ich weiß, dass es besser wird. Ich jogge besser, ich esse und trinke besser, ich hab mehr Zeit für meine Familie. Alles in allem ist meine Lebensqualität bislang trotzdem um ein vielfaches gestiegen. Ich bereue nichts, außer dass ich je angefangen habe zu Rauchen. Ob ich meine Ängste ersthaft erkrankt zu sein jemals los bekomme? Weiß ich nicht. Vielleicht in ein paar Monaten oder sogar Jahren wenn sich mein körper größtenteils normalisiert hat. Aber das bisschen sitze ich nach fast 20 Jahren rauchen auf der linken A*schbacke ab, das wäre doch gelacht.
Für diejenigen unter euch die die Geduld hatten das hier zu lesen, vielen herzlichen Dank, dass ich das mit euch teilen durfte. Vielleicht findet sich auch jemand der sich hier zum Teil wiederfindet und seine Erfahrungen berichten kann. Für alle die noch rauchen sei gesagt, ihr fordert das Schicksal heraus. Ist jetzt vielleicht auch übertrieben, aber ich fühle mich gerade fast so als sei ich dem Sensenmann von der Klinge gesprungen. Ihr tut euch damit keinen gefallen und meistens merkt man erst dass es zu spät ist, wenn es zu spät ist. Und für alle die kürzlich oder wegen mir auch schon länger aufgehört haben: durchhalten, es lohnt sich. Die Entscheidung aufgehört zu haben ist schon weltklasse.
Wie lange hat es bei euch gedauert, bis der Husten nachgelassen hat und der Schleim draußen war? Hattet ihr überhaupt solche Beschwerden nach eurem Rauchstopp? Konntet ihr feststellen wie sich Geschmacks- und Geruchssinn verbessert haben? Hattet ihr Rituale oder habt ihrs einfach gelassen und nie wieder dran gedacht?
Würde mich freuen von euch zu hören. Nochmals Danke fürs lesen, bleibt Gesund und vor Allem rauchfrei!