Tag 4 vor dem Ausbruch
Gerade bin ich unterwegs, also werde ich die Gedanken, die mich jetzt bewegen, später übertragen, oder auch nicht – mal sehen.
Ein kleines Erlebnis lässt mich hier in diese Frühlingswiese sinken, und zum Stift greifen.
Wenn ich mit dem Rad unterwegs bin, dann bin ich immer auf der Suche nach versteckten Schleichwegen, neuen Spuren, neuen noch nie gesehenen Bildern und Eindrücken. Also ließ ich mich auch eben wieder von einem winzigen Trail locken, folgte ihm bis das kam, was so oft passiert er war plötzlich nicht mehr da. Einfach verschwunden. Im dichten Unterholz abhanden gekommen. Nun bin ich nicht der Mensch, der den Weg einfach zurückgeht, also schob, trug, zerrte ich das MB durchs Gestrüpp. Irgendwo muß der Pfad ja wieder auftauchen. Statt des Wegs tauchte aber immer mehr Gehölz und Gezweig auf, es wurde zusehends ruppiger voranzukommen. Meine Laune sank, ich bekam ständig Ohrfeigen und Schienbeintritte. Da dachte ich an euch hier.
Ich dachte auch, wie sinnlos es ist was ich da mache. Kann ich nicht ganz bequem auf den breiten Wegen bleiben, muss ich denn immer querfeldein mein Glück suchen. Muss ich es mir immer selber schwer machen? Das macht doch keinen Spaß.... und und und … so fluchte ich innerlich vor mich hin. Zu allen Überdruss bemerkte ich auch noch, dass ich den kleinen Radcomputer unterwegs verloren habe. Jeder der hier den Tageszähler benutzt, weiß wie wichtig einem ein solcher Beweis der erbrachten Leistung ist. Das ist schon mein vierter, und ich fange immer wieder von Null an. Doof! Blöd! Mist! Um mal ein paar höfliche Formen meiner Flüche zu gebrauchen.
Die Suche lief bisher nicht gut. Das Geflecht, das Laub und aller Krimskrams der so zu einem Laubwaldboden gehört, und dann auch noch die Unklarheit – welchen „Weg“ ich denn nun zurückgelegt hatte, alles, alles war gegen mich. Keine Chance. Verloren. Die sinnlose Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Ich nahm etwas resigniert und traurig mein Gefährt vom Boden, machte zwei drei Schritte durchs Gestrüpp, und stand sofort auf dieser herrlich blühenden Wiese. Plötzlich war auch wieder der Weg da, alles löste sich auf. Eigentlich hätte ich mich normalerweise gleich ins Gras gehauen und eine Zigarette geraucht, aber heute nahm ich entgegen der Gewohnheit, zuerst Stift und Block in die Hand und schrieb mir den ganzen Frust aus dem Kopf. Das war neu, das war gut.
Fazit: Auch wenn man seinen Zähler verliert, und wieder bei Null anfängt, im eigenen Inneren hat man seine Zahl gespeichert, die nimmt einen keiner mehr weg. Das Wichtigste – ob mit oder ohne Kerbholz – ist, du gehst den Weg weiter, immer weiter , auch wenn schon längst nicht mehr zu erkennen ist ob es überhaupt noch ein Weg ist, geh einfach weiter, dann wird es auch irgendwann wieder einfacher, dann kommt wieder ein Hindernis, dann öffnet sich ohne Vorwarnung das dunkle Dickicht und du trittst auf eine Lichtung und bist wieder zuversichtlich....