Grüß Dich Andrea,
gut, daß Du hergekommen bist, um Dich auszuheulen. Es tut mir so leid, daß Du augenblicklich so durchhängst.
Entzugserscheinungen können echt unglaublich fies sein und tatsächlich bis an depressive Verstimmungen heranführen. Darf ich Dich fragen, ob Du in der Vergangenheit auch schon mit Depressionen oder entsprechenden Gemütsschieflagen konfrontiert warst (musst Du auch nicht hier im offenen Forum beantworten, wenn Du es nicht wünschst, nur zur Orientierung für Dich selbst)? In diesem Fall möchte ich Dich gerne einladen, den Arzt Deines Vertrauens mit ins Rauchfrei-Boot zu nehmen. Vielleicht kann, möglicherweise sollte er dabei unterstützend tätig werden.
In jedem Falle steht Dir die Rauchfrei-Hotline zur Verfügung, wo Dir geschulte Berater telefonisch zur Seite eilen. Erreichst Du wie folgt:
"Die BZgA-Telefonberatung zur Rauchentwöhnung steht Ihnen
montags bis donnerstags von 10 bis 22 Uhr
freitags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr
unter 0 800 8 31 31 31 * zur Verfügung."
und weitere Infos findest Du hier:
http://rauchfrei-info.de/aufhoeren/unterstuetzung-beim-rauchstopp/telefonberatung/
Hol Dir jeden nötigen Beistand Andrea, das ist völlig legitim.
Tatsächlich sind exteme Stimmungsschieflagen und Schlafstörungen mögliche und gar nicht mal so seltene Entzugserscheinungen nach dem Rauchstopp, leider. Viele erleben absolute Stimmungstiefs, die sie von sich selber gar nicht so kennen. Ich selber war zeitweise ebenfalls sehr down, gleichzeitig aufbrausend und aggro... läßt sich heute noch in meinem Aufhörerthread nachlesen. Und tatsächlich treten diese Stimmungsumschwünge, so wie alle Entzugserscheinungen, in Wellen auf, das hast Du ja auch schon beschrieben, kommen auf und ebben ab, bleiben mal länger, mal kürzer. Leider, leider ist sowas im Entzug nicht außergewöhnlich, und ich leide mit Dir, daß es Dich jetzt so böse erwischt. Indes bist Du diesen miesen Erscheinungen nicht machtlos ausgeliefert!
Deiner Stimmung zuliebe gehe sanft mit Dir selbst um. Gestehe Dir Deine momentane Verfassung zu. Das, was Dein Körper und Dein Geist während der Entwöhnung leisten, ist ja schließlich keine Kleinigkeit. Stoffwechselprozesse stellen sich um, der psychische Entzug tobt in Dir, daß all das kein Spaziergang für Leib und Seele ist, ist klar! Natürlich zehrt das alles erstmal an Dir. Sei lieb zu Dir, weine wenn Dir danach ist, höre auf Deine Bedürfnisse. Zusätzlich gehe an die frische Luft, bewege Dich dort idealerweise, denn das hilft, die Produktion körpereigener Glücksbotenstoffe anzukurbeln - diese wurden nämlich komplett durch das Nikotin verdrängt und jetzt ackert der Körper, diese wieder hochzufahren. Das geht aber nicht sofort, daher diese Stimmungstiefs. Hilf Dir dabei mit Bewegung, frischer Luft, angenehmen Aktivitäten, die Du ganz bewußt vornimmst. Kennst Du Entspannungsverfahren oder Atemübungen? Sie beruhigen ebenfalls und gleichen aus. Und wenn Du magst, versuche folgendes: nimm Dir mal einen auf Zigarettenlänge geschnittenen Trinkhalm zur Hand und "rauche durch ihn Luft". Hört sich seltsam an, kommt aber einer Atemübung gleich und vermittelt dem Gehirn "durch ein Röhrchen inhalieren = Beruhigung der Sucht". Versuche es einfach mal für Dich, so manchem hilft es. Hat mir auch gute Dienste geleistet.
Auch den Schlaf begleite sanft. Trinke eine Tasse Tee - es gibt schlaffördernde Tees in der Drogerie - , nimm ein Bad. Sorge für gute Luft in Deinem Schlafbereich und mäßige Temperatur, nicht zu warm. All diese Entzugserscheinungen werden sich im Laufe der Zeit wieder regulieren.
Wann es soweit ist, ist allerdings ganz individuell. Jeder Entzug ist anders, jeder hat seinen eigenen Zeitplan. Auf jeden Fall wird es schon vor dem Abschluß der Entwöhnung entspanntere Phasen geben, die Dir Gelegenheit geben, Kraft zu sammeln. Es kann auch sein, daß dies jetzt schon Deine heikelste Phase ist: Der Nichtmehrraucherpapst Alan Carr hat die drei Entwöhnungsphasen "drei Tage, drei Wochen, drei Monate" definiert, das bedeutet, daß so übern Daumen gepeilt zu diesen Zeiträumen tiefgreifende Veränderungen stattfinden. Ich sehe Dich da so bei den drei Wochen (wie gesagt, die Zeitäume sind nicht in Stein gemeißelt, können auch mal zwei oder fünf sein), also befindest Du Dich womöglich gerade in so einer Umbruchphase, die Dich etwas schüttelt. Siehst Du, mich hat die Phase bei drei Monaten massiv gebeutelt (wobei es bei mir vier waren, also auch nur ein Richtwert), dafür hatte ich nach einem Monat nicht solche Beschwerden. Womöglich bietet Dir das ja die Chance, daß Du Deine schwersten Momente jetzt schon hinter Dich bringst, und danach geht es dann... wünschen würde ich es Dir von Herzen!
Deine heute 33 rauchfreien Tage auf der Uhr sind jedenfalls eine Megaleistung, zu der ich Dir meine Anerkennung ausspreche! Diese ersten Monate sind nicht leicht, für die meisten von uns Aufhörern nicht, das zu wuppen ist schon keine Kleinigkeit. Belohnst Du Dich denn für Deine tolle Leistung? Das ist übrigens auch eine Möglichkeit, sowohl die Laune als auch die Motivation zu heben, und völlig angebracht! Was ist Belohnung für Dich, ein schöner Herbstspaziergang, ein kleiner Genuß, ein Duft oder ein Ausflug? Erlaube Dir das Andrea, Du hast es Dir verdient.
Halte durch, es wird besser, und für mich hat sich das Durchhalten so gelohnt! Sicher kannst Du irgendwann auch davon profitieren, daß Du stur geblieben bist und Dich von der blöden Sucht nicht hast ins Bockshorn jagen lassen. Hierbei wünsche ich Dir viel Power und Widerstandsfähigkeit. Komm wir packen das! Viele Grüße sendet Dir
Lydia