20.06.2017
11:39 Uhr
Hallo Sascha,
meinen herzlichen Glückwunsch zu Deinem Ausstieg aus dem fahrenden Karussell! Ebenso zu Deiner morgen bereits ausklingenden ersten Woche, die Du schon rauchfrei geblieben bist. Ganz toll möchte ich da sagen! Es ist wie Du sagst, nach jahrelangem exzessivem Rauchen ist das schon eine Riesenleistung! Belohne Dich ruhig für Deine Leistung, auch künftig für Deine Meilensteine, damit Du schon manifestierst, daß bei dem Ausstieg was für Dich dabei rausspringt, bevor Du den vollen Umfang der Gewinne selber spürst! Was könntest Du Dir denn noch alles als Belohnung vorstellen? (Ist nicht für mich zur Beantwortung gedacht, eher als Denkanstoß für Dich, Dich schon mal auf was zu freuen!)
Ja, das Grundrauschen habe ich ebenfalls erlebt, wie Du, wie so viele andere hier. Diese miese kleine Stimme, die alle Argumente aushebelt, logisches Denkvermögen infrage stellt und die so quält und nervt. Das ist wirklich anstrengend, und es tut mir wirklich leid, daß sie Dich so belästigt.
Aber weißt Du was? Dein "ah, go trullala" ist im Prinzip genau die richtige Reaktion. Diskutiere nicht mit der Stimme. Deine Entscheidung steht (und eigentlich weißt Du auch, daß sie genau die richtige ist!) und Ende. Egal was sie Dir einredet: es wird nicht durch Diskussion aufgewertet. Basta. Umdrehen und ablenken. Gerne damit, hierher zu kommen und zu schimpfen, wenn es Dir hilft - auch dazu ist das Forum da. Was glaubst Du was ich hier gemeckert habe.
Was all Deine Befindlichkeiten angeht, Stimmungsschwankungen, schlechte Laune, auch Unkonzentriertheit und so: gestehe Dir diese doch einfach erstmal zu Sascha! Viele haben sowas im Entzug, Du mußt das nicht bekämpfen. Versuche, in Deinem Umfeld um Verständnis zu werben, hol Dir da Support, gönne Dir Ruhe, auch mal Rückzug, und Gelassenheit. Das verschwindet schon wieder, das verspreche ich Dir! Dazu mußt Du nicht mal rauchen - versprech ich Dir auch! (Das einzige, was erlaubt ist, ist Luft durch einen auf Zigarettenlänge gekürzten Trinkhalm zu "rauchen": durch den körperlich ähnlichen Vorgang beruhigt es die Schmacht schon gern mal. Probiere es ruhig mal aus!)
Dann meine ernstgemeinten Antworten auf Deine ernstgemeinten Fragen.
Erst mal, Du wirst lachen aber ich persönlich bin nahezu der Überzeugung, daß der dauerhafte Rauchstopp schneller und leichter ohne genau die von Dir angeführten harten Aufhörgründe zu bewältigen ist als mit. Denn der muß aus einem selber kommen, nicht aus äußeren Umständen, Druck oder Zwang heraus. Idealerweise fallen diese Überzeugung und der harte Grund auch mal zusammen, aber ich habe es immer wieder im privaten Bereich erlebt, daß gerade Aufhörer mit solchen Gründen entweder einen vorübergehenden Rauchstopp schaffen (so manche werdende Mutter hört auf und fängt nach dem Abstillen sofort wieder an) oder mit Verzögerung (weil die eigene Überzeugung erstmal wachsen muß, das kenne ich jetzt von mir selber, ich habe lang genug trotz Asthma geraucht: harter Grund, aber keine Überzeugung...). Ich urteile dieses keinesfalls ab, es ist das Wesen der Sucht. Doch ich glaube, die dauerhafte Rauchfreiheit ist zu erreichen mit einer selbstbestimmten unbeeinflußten Entscheidung - so wie der Deinen.
Selber hatte ich allerdings einen funktionierenden Motivationsmotor: meine Kinder, damals noch Kindergarten- und Grundschulalter. Sie haben mich ungefähr in meiner dritten Woche beim Nichtmehrrauchen erwischt (lange Geschichte), und da konnte ich mir die Blöße nicht mehr geben, wieder anzufangen. Und ich wollte es wirklich, ich wollte weg davon, fand es eklig, es war mir schade ums Geld, ich wollte diesen Mist einfach nicht mehr! Das heißt natürlich nicht, daß ich nicht auch noch sehr heikle Entzugsphasen hatte. Das ganze hat bei mir ein wenig über vier Monate gedauert, mit einer haarigen Schlußphase (der "Endlich Nichtraucher"-Autor Allen Carr hat ja drei Entzugsphasen definiert: Drei Tage, drei Wochen, drei Monate, und ich habe am Anfang nicht so gelitten wie Du jetzt, dafür aber am Schluß). Aber nach dieser Drei-Monats-Krise bei vier Monaten hatte ich es geschafft - und zwar so richtig. Da war der Entzug, auch der psychische, komplett vorbei. War wie ein Sonnenaufgang.
Du siehst also, im großen und ganzen spielt sich so ein Entzug bei den allermeisten so bis drei, vier Monate nach dem Rauchstopp ab, das kannst Du hier auch so ungefähr herauslesen. Wobei niemand vorhersagen kann, wie sich Dein spezieller Entzug entwickelt. Kann sein, Deine Schmacht, Dein Grundrauschen, verebbt einfach, oder auch eine wellenförmiges Auf- und Abbranden der Schmacht ist denkbar. Tatsache aber ist, dieser Zeitrahmen von drei bis vier Monaten ist realistisch - und das ist ja wohl nichts gegen die 16 Jahre, die Du geraucht hast, und die vielen, auf die Du Dich rauchfrei freuen darfst, denkst Du nichtß
Langfristig gesehen hat es bei mir hinterher nie mehr ernstgemeinte Schmachtanfälle gegeben. Das waren eher so Anflüge, à la "jetzt könnte ich echt mal eine rauchen", aber nichts, dem man nicht mit einem Lächeln à la "ich bin doch nicht blöde!" begegnen könnte. Kein Sturm, höchstens eine laue Brise. Also keine heiklen Situationen mehr. Du solltest nur nicht dem Irrtum aufsitzen, eine ginge schon mal, das redet uns das Suchtgedächtnis, das wir uns nun eben mal gezüchtet haben, immer wieder mal ein. Denn dann hat sie Dich wieder (auch schon am eigenen Leibe getestet :roll: dabei wäre es so einfach gewesen, es einfach zu lassen...). Also laß Dich da nicht mehr von einwickeln. Doch dann ist die langfristige Rauchfreiheit wirklich keine Schwierigkeit mehr. Diese hartnäckigen Attacken mit der starken psychischen Komponente, die Du spürst, die auch ich zeitweise gespürt habe, so wie viele andere hier, die sind komplett verschwunden.
Ich hoffe, diese Einlassungen helfen Dir weiter. Und ich hoffe, Du kommst auch im weiteren gut durch die Entwöhnung. Ich freue mich, wieder von Dir zu lesen! Alles Gute und viele Grüße sendet Dir
Lydia