Es lebt!
Recht lange schon gehe ich diesen rauchfreien Weg. Oft hart. Meistens wie selbstverständlich, manchmal eher zufällig kongenial, intuitiv richtig handelnd.
Seltenst so nah am Abgrund des Rückfalles, wie heute.
Der vielzitierte " Final cut" - für viele im Forum der goldene Weg in die Freiheit, in die rauchfreie Selbstbestimmung. Meins war er nie. Allan Carr halte ich für einen Scharlatan, der, einst zum richtigen Zeitpunkt, eine goldene Ära der Schickimicki-Aufhören-mit-Rauchen-Wollen- Generation eingeläutet hat. Ein Revolutionär? Möglicherweise. Multimillionär? Sicher.
Alle, die den letzten, finalen Schnitt getan haben, die, welchen A. Carr den Weg zum Nichtraucher geebnet hat, für lange, oder gar für immer: Tief empfundener Respekt für euch alle.
Heute sprach mein Monster mit mir. "Komm..."!
Nein, ich bin nicht in den Dialog gegangen. Ich habe Rettung eingefordert. Für mich, für die 244 zigarettenfreien Tage auf meinem Ticker. Für mein Leben. Meine Frau kam -sofort- brachte mir Nicor**** als Inhalierstick. Damit konnte ich seinerzeit meinen Ausstieg schaffen. Jetzt sollte es mein Defibrillator sein. Und: Nein, ich habe nicht geraucht. Nikotin: ja. Rückfall: Abgewendet. Wer es mag kann mich nun verteufeln.
Gestern abend habe ich mich mit meinem Bettnachbarn Adolph noch über bayrische Gerichtsbarkeiten ausgetauscht. Adi, 45 Jahre Selbstgedrehte, seit 25 Jahren Nichtraucher mit Lungenkrebs im Endstadium.
Adolph hatte vergessen sein Plastikschälchen mit Warmwasser anzufordern. Für die Zähne, die herausnehmbaren. Meikel macht's. Gerne na klar!
Heute früh gegen 10.00 ging es ihm schlecht. Keine Luft. Für alle Fälle gab es eine Patientenverfügung: Keine lebensverlängernden Maßnahmen.
Stöhnen, Schreien, 3, 5, 8 Ärzte hier im Zimmer, Bewusstlosigkeit, Röntgen, Sono.
Adolph wurde verlegt, seine Frau, die beiden Töchter wurden gerufen. Er wurde in "Zimmer 16" gebracht- der interne Code für das Sterbezimmer. Dort kann der letzte Rest an Würde gewahrt bleiben. Für ihn und die Angehörigen.
Gegen 15:00 Uhr war der Kampf beendet. 16:00 Uhr? Keine Ahnung. Er hat den Kampf verloren. Das Morphium hat ihm, mutmaßlich schmerzfrei, seine Würde belassen, bis zum Schluß. Heinz ist um 15:00 entlassen worden, nach Hause.
Ich wurde in den 1960/70 Jahren erzogen, nach den damals herrschenden Erziehungsmaßstäben. Von meiner alleinerziehenden, kettenrauchenden Mom.
"Jungs weinen doch nicht", hieß es von ihr oft. "Und wenn, dann leise."
Den späten Nachmittag habe ich auf dem Balkon verbracht, bei 25 Grad in prallem Sonnenschein. Allein auf dem Zimmer. Und es war ruhig hier, sehr ruhig.
Ich habe nur noch weinen können. Heftig, zitternd am ganzen Körper. Aber ich habe leise geweint.
Meikel