Liebe Camil,
ich begrüße Dich auch noch im Kreise der Aufhörwilligen und freue mich mit Dir, daß Du den Ausstieg angehst.
Wir empfinden unsere Gefühle gerne mal als Stolperstricke bei der Raucherentwöhnung. Wie Du kenne ich auch die Vorstellung, daß eine Zigarette beim Aushalten v. a. negativer Gefühle helfen könnte. Aber eigentlich stimmt das gar nicht. Denn was tut man denn als Raucher in Streßzeiten? Noch mehr rauchen. Wieder und wieder und wieder Gefühle vernebeln. Wenn es klappen würde, würde ja eine reichen. Tut es aber nicht, deshalb dieses Mehr-Aufkommen in Streß-, Trauer- oder Wutzeiten. Die Gefühle sind nach der Zigarette immer noch da - die Zigarette hat sie nicht bewältigt. Nur bewirkt, daß wir außerdem nun husten müssen, heiser sind, Kopfschmerzen haben und uns noch schlechter fühlen.
Dazu kommt, daß Menschen, die nicht rauchen, niemals geraucht haben, ihre Gefühle ja auch aushalten, tragen müssen. Und es schaffen. Und das möglicherweise besser als Raucher, weil sie sie aufarbeiten. Nicht vernebeln. Das ist eine Wahrnehmung, die ich selber nach meinem Rauchstop hatte. Ich arbeite auf, ich artikuliere mehr - und so sollte es ja eigentlich auch sein, denkst Du nicht?
Du hast etwas sehr wichtiges selbst gesagt: Gerade in der Anfangsphase des Entzugs nach langer Raucherkarriere kann man nicht erwarten, daß man der ausgeglichenste, sonnigste Mensch ist. Du brauchst es nicht von Dir erwarten, nicht von Dir verlangen. Gestehe Dir zu, daß Deine Gefühle im Moment ein wenig Achterbahn mit Dir fahren, Du bist nicht allein mit dieser Erfahrung. Und ja, gönne Dir das Weinen, Schimpfen, Schreien, wenn es Dir hilft. Gönne Dir auch Ruhe, wenn nötig, Rückzug, Schlaf. Und ja, komm her und schreib uns von Deinen Gemütslagen, viele hier teilen Deine Erfahrungen. Und so wie wir, so wirst auch Du wieder Du selbst sein.
Und auch Bine hat etwas sehr wichtiges gesagt: Wenn Du schon weißt, daß Du dazu neigst, Deine Gefühle an Dir zerren zu lassen, dann bist Du ja schon gewappnet. Dann überlege Alternativen, Ablenkungsmanöver. Es hat hier im Forum mal leinen Thread gegeben, der hieß "Was war heute gut". Ich stell Dir hier den Link ein:
http://www.rauchfrei-info.de/community/forum/?tx_mmforum_pi1[action]=list_post&tx_mmforum_pi1[tid]=1595&tx_mmforum_pi1[postOrdering]=ASC
Darin geht es um eine Übung, drei bis fünf Punkte, die bisher am Tag bisher gut gewesen sind, aufzuschreiben, wenn man sich mal schlecht fühlt. Kann zum Wohlbefinden beitragen. Sieh es Dir doch mal an, das Stöbern lenkt schon mal ab und vielleicht magst Du diese Strategie ja mal versuchen, wenn Dich die Gefühle beuteln? Auch an kleine Belohnungen denke immer wieder mal, tu Dir etwas Gutes, frage Dich, was kann ich im Moment gerade tun, damit es mir besser geht? Das kann Kakao sein, Spazierengehen, ein Schaumbad, eine Duftkerze, laut im Keller singen, Sport, egal was. Tu öfters mal etwas, das Dir gut tut.
Camil, ich weiß, wir wissen, daß es nicht immer einfach ist, dem Rauch zu entsagen. Aber schau, so viele schaffen es schon so lang - und es hört auf ein Kampf zu sein. Und Du mußt es ja nicht alleine schaffen. Hier ist geballte Kompetenz versammelt und Du kannst jederzeit herkommen, nach Rat fragen oder einfach plaudern. Schön daß Du da bist!
Ich wünsche Dir viel Erfolg, und laß bald von Dir hören. Viele liebe Grüße sendet Dir
Lydia