Liebe Ute,
hab grad schnell quergelesen bei Dir. Du hast Dich über einen älteren Mann draußen furchtbar geärgert.
Die Details werden nun zuviel, um erläutert zu werden. Du hast zu Hause ne fette Runde geheult. So kennst Du Dich gar nicht.
Ute, das kenn ich.
Ich selbst hab vorhin eine Runde durch den fallenden Schnee gedreht. Heulend. War mir egal, obs jemand sieht oder nicht.
Ich hatte mich sooo über eine ältere Frau geärgert, auch hier tun die Einzelheiten nichts zur Sache. Es kochte in mir hoch. Ich hörte Rauschen in den Ohren. Mir war den ganzen Tag schwindelig. Ich hab die Sache geregelt und bin dann heulend wieder nach Hause.
Was für ein merkwürdiger Zustand.
Was für eine Kraftanstrengung.
Ich habe dann mit meiner Freundin telefonieren können. Sie war völlig entnervt von dem Verhalten der älteren Frau mir gegenüber. Meine Freundin hat mir bestätigt, dass mein Empfinden ganz richtig ist! Sie ist übrigens Nichtraucherin, noch nie geraucht..und hat mir noch niiie nach dem Munde geredet....Sie ist eine ehrliche Seele!!!
Ich bin grad ganz erledigt von dem Vorfall.
Es strengt halt an.
Es ist, als wär ich eine runtergeschälte Zwiebel.
Aber es ist gut, langsam an den Kern heranzukommen.
Ich für mich deute dies folgender Maßen und vielleicht sehen und empfinden es andere hier auch so oder so ähnlich:
Seit dem Rauchausstieg findet ein tägliches Umlernen, Umdenken, Umstrukturieren statt.
Mal merken wir es kaum, ein anderes Mal bekommen wir es deutlich zu spüren.
Es ist ja nicht nur so, dass wir nun nicht mehr rauchen und gelernt haben, (oder noch dabei sind), die Lücken zuwachsen zu lassen,
es beginnt auch ein Überdenken. Ein Hinterfragen. Uns fällt einiges auf, an uns, an anderen. Es fällt manchmal auch unangenehm auf, bitter. Wir müssen womöglich neu lernen, damit umzugehen und zu reagieren.
Ich jedenfalls hab heute mich durchgekämpft, um dies Ungerechtigkeitsgefühl, das mich richtig quälte, loszuwerden. Es rattert bei mir so schnell los, Gedanken, in denen ich mich selbst auch noch immer kleiner mache. Dem wollte ich heute mal einen Riegel vorschieben.
Früher hätten sich meine Gedanken wirr ins Endlose geschraubt, plus Zigarette plus Zigarette plus.....
Und es hat nichts an der jeweiligen Situation geändert...und an meinem Zustand auch nicht, im Gegenteil.
Ich möchte dieses Blankliegen der Gefühle, und das ist es ja nun für uns, die diese nicht mehr mit Nikotin eindämpfen, auch auf die positiven Empfindungen beziehen.
Wie schön plötzlich - bei jedem sicher anders - vielleicht grad die Farbe des Himmels, ein Zulächeln, der Duft einer Blüte oder irgendeine andere "Kleinigkeit".
Und Heulen ist gut. Sei es aus Ohnmacht heraus, sei es vor Glück!
Das Beste am Norden sind unsere Heulsusen!
Alles Liebe von Andrea