03.12.2021
09:45 Uhr
Grüß Euch Lydia und Klaus,
ich bin ja doch geneigt, nicht an Zufälle zu glauben....
Klaus, deine Nachricht bei mir kam irgendwie genau zum rechten Zeitpunkt.....
Dass ich möglichst bald wieder aufhören will, wusste ich schon geraume Zeit, aber ich konnte die Energie dafür nicht aufbringen. Drei Versuche aufzuhören lagen seit Sommer schon hinter mir, aber es trat immer wieder ein anderes mich immens belastendes Erlebnis ein, dass ich doch wieder zur Zigarette gegriffen habe.
Und dann ist es ja so, dass sie dir was gibt. Und das, was sie dir gibt, sorgt dafür, dass du relativ gerne bei Kälte oder Regen oder Schnee nach draußen gehst und dabei auf deinem kalten Stuhl auf der Terrasse sitzt. Also, ich jedenfalls mochte das und hab‘s sogar vermisst, als ich zwischenzeitlich nicht geraucht habe. Jetzt gerade, während ich davon erzähle, geht’s mir so, dass ich ein Bedauern verspüre, dass ich das nun nicht mehr machen will....
Wie gesagt, aufhören wollte ich schnellstmöglich wieder, aber aufgrund der zahlreichen Versuche, die inzwischen schon hinter mir liegen, fehlte mir die Hoffnung, dass der nächste Versuch sich dauerhaft lohnen wird. Auch wenn es wirklich jedes Mal anders bei mir war, von echt heftig bis total leicht, so ist es doch jedes Mal ein Kraftakt, den man da bewältigen muss. Angefangen davon, die Nervosität der ersten Tage auszusitzen, bis hin zur Veränderung von Verhaltensmustern und der gewohnten und mit dem Rauchen verbundenen Umgebung.
Drei ernsthafte Versuche seit Sommer und doch immer wieder Rückfälle. Und nein, das hat nichts mit Willensschwäche oder fehlender Disziplin oder whatever zu tun, wie mancheiner gerne glaubt.
Ich hab mich in diesem Jahr um eine Therapie bemüht, die auch Entwicklungstraumata aufarbeitet. Das war alles andere als einfach. Erst vor Kurzem habe ich wunderbarerweise einen Therapeuten gefunden, von dem ich inzwischen den Eindruck gewonnen habe, dass er mir tatsächlich weiterhelfen kann. Mit diesem habe ich gestern das Thema „Aufhören mit dem Rauchen“ besprochen und er hat mir eine Übung vorgestellt und sie mit mir durchgeführt, die ich nun zweimal täglich selbst machen kann. Diese Übung hat für mich tatsächlich was, weil sie mehrere Kanäle anspricht. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Meditation, Atemübungen sind mir zwar wohlvertraut, aber irgendwie boten die mir nicht das, was ich ggf. brauchte, weil sie offenbar nur einen Zugangskanal bedienen. Die Übung, die ich gestern kennengelernt hab, spricht vier Zugangskanäle an.
Wie auch immer, vor der Sitzung hatte ich gegen 14 Uhr noch nervös eine geraucht, ohne den Gedanken, jetzt bald aufzuhören. Termin hatte ich mir zwar für den 11.12. gesetzt, aber ohne Vertrauen, das auch einhalten zu können und zu wollen.
Der Therapeut riet mir, mir einen festen Termin vorzunehmen und die Zeit davor zur Vorbereitung zu nehmen. Nun kenne ich mich inzwischen schon ziemlich gut. Ein fester Termin ist nix für mich, das ist für mich ungefähr so wie Reduzieren der Zigaretten. Die Zigaretten, die ich dann rauche, bekomme dann so eine Bedeutung, eine gewisse Wehmut kommt auf. Gewiss Trauerarbeit ist gut und es ist ja auch ein Abschied, aber ich hab gemerkt, dass ein solcher Abschied von der Zigarette für mich nicht der richtige ist. Zu mir passt besser oder es fällt mir leichter, wenn der Abschied von der Zigarette spontan passiert. Wenn dieser Moment, dass es JETZT passt, kommt.
Ich hab ihm erzählt, dass mir etwas fehlt, das mir die Hoffnung gibt, dass ich solche Momente höchster innerer Anspannung, in denen mir in meiner Not nur noch eine Zigarette half, erfolgreich bewältigen kann. Da machte er mich mit dieser Vier-Elemente-Übung vertraut. Tatsächlich war die Anspannung nach der Übung spürbar gefallen und noch während der Übung dachte ich so bei mir: „Das ist es!“
Aufhören sollte und wollte ich schon längst, denn meine Bronchien reagieren jetzt schon mit Husten, ein überdeutliches Warnzeichen.
Kurz und gut: Ich hab seit dieser Sitzung gestern keine mehr geraucht, sondern nutze die Gelegenheit, die sich mir geboten hat. Heute wird also mein erster Tag gänzlich ohne Zigarette.
Klar bin ich nervös, kostet mich ja auch wieder Energie, das jetzt durchzuziehen. Und natürlich hab ich Craving, aber da weiß ich ja grundsätzlich Bescheid, wie ich damit umgehen kann: Erstmal ein großes Glas Wasser trinken. Ans Fenster treten und tief ein und ausatmen. Abwarten, Zeit gewinnen, denn Craving hört nach einer gewissen Weile wieder auf.
Ich mag nicht sagen, schau‘n mer mal, denn ich will das jetzt nicht als „Versuch“ betrachten, der mir den Rückfall schon offen lässt. Ich will das jetzt durchziehen und diesmal soll‘s von Dauer sein.
Viele Grüße
Kirsten