Liebe Nicole, du schriebst bei mir :
[color=blue]Sehr gute Frage, was ist die Lust?
Also, was mir bei mir auffällt, ist, dass es häufig am Wochenende auftritt. In der Woche, wenn ich arbeite, selbst bei Stress, kann ich mittlerweile gut ohne Zigarette sein. Selbst wenn es mal nicht so gut läuft, dann ist zwar der Gedanke nach einer Zigarette da, weil Gewohnheit, aber das Verlangen ist gut aushaltbar.
Am Wochenende ist es oft dieses Gefühl von Entspannung, Gemütlichkeit oder aber auch Pausen. Alles andere als Stress. Hier so kleine Beispiele. Wenn ich freitags Feierabend habe, dann fahre ich gerne nach Hause, setze mich in meine Küche, trinken einen Kaffee und habe dazu sehr gerne geraucht. Das geht dann das Wochenende so weiter. Mir fehlt nichts in meinen Händen oder in meinem Mund. Es ist eher die Verbindung von Wochenende, frei haben, entspannen und dazu eben eine Zigarette. So ein Genuss-/Belohnungsding eher. Anders kann ich das nicht beschreiben. Ich weiß, dass ich mich mit anderen Dingen belohnen sollte, doch egal, was ich ausprobiere, es ist nicht wirklich das Gleiche. Hier ist, glaube ich, ein tief verankertes Ritual vorhanden und diese Momente werden in meinen Gedanken wohl etwas mit Zigarette verherrlicht.
Ich weiß nicht, ob es daran liegen könnte, dass ich zwar weiß, warum ich aufgehört habe und auch weiterhin dazu stehe, aber Rauchen trotz allem nicht grundsätzlich scheiße fand. Und so hoffe ich, dass die Zeit mir hilft, mich von dieser Illusion zu befreien.
Ich hoffe, ich konnte das einigermaßen nachvollziehbar beschreiben und bin auf Deine Antwort gespannt.
Lieben Gruß
Nicole
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Freu mich über das Gespräch mit dir. Musste aber erst mal nachdenken.
1. du bist so ehrlich und das ist so hilfreich: natürlich war es schön, das Wochenende mit dem Ritual Kaffee und Zigarette einzuläuten. Und Entspannung garantierte die Zigarette auch, das hast du Recht. Ganz einfach weil der abgesunkene Nikotinspiegel wieder erhöht wurde und den Entzug milderte, den wir jedes Mal mitmachen mussten, wenn die letzte Zigarette eine Weile her war. Und auch die pure Gewohnheit, das heimelige, gemütliche ist in uns fest verknüpft gewesen mit der Zigarette. Ich verstehe dich da so gut, Nicole, an diese Erleichterung und an diesen Genuss kann ich mich auch noch erinnern, aber halt auch an Husten und Gestank.
Und nichts wird dir deine geliebte Zigarette ersetzen, da gebe ich dir zunächst Mal Recht. Doch etwas Erlerntes lässt sich auch wieder verlernen. Und mit deinem Verstand hältst du dich in deinem neuen Lebensabschnitt, gottseidank. Vielleicht erlaubst du dir bis zu einem gewissen Grad, deinem alten Lebensabschnitt nachzutrauern? Wie einer verlorenen Freundin. Das ist doch in Ordnung, so lange du die neue Gewohnheit deines rauchfreien Lebensabschnittes beibehältst? Und einfach geduldig schaust, was noch deine neuen Wochenenden einläuten könnte? Und dir während des Wochenendes die Pausen verschönert.
2. Meine Antwort für mich waren Zeitschriften. Bunte Gartenzeitschriften übers Landleben, über ferne Länder, Frauenzeitschriften....Da saß ich dann - wie du - in meiner Küche am Küchentisch, hatte ne frische Tasse Kaffee dastehen und blätterte genüsslich die Seiten um. Das ist heute noch Entspannung pur für mich.
Und abends gehören für mich Düfte zu entspannen: Räucherstäbchen, Duftöle, Duftkerzen....
Es war für mich, als ob in mit einer neuen Freundin am Tisch säße, die noch nicht so vertraut war wie die alte. Ich fremdelte eine Weile. Aber heute ist sie mir um so lieber und willkommener, je länger sie zu meinem Leben gehört. Zu meinem Fünfjährigen Rauchfrei-Jubiläum habe ich meiner Freundin "Zeitschriftenlesen" einen schönen alten Zeitungsständer geschenkt und von überall bekomme ich Zeitschriften, weil sich das herumgesprochen hat.
Was könnte dir in deine Pausen, an deinen wohlverdienten Freitags-Feierabenden und überhaupt eine gute neue Freundin sein?
Gutes Abtrauern deines Verlustes und noch viel mehr Freude an den Gewinnen in deinem neuen Lebensabschnitt wünscht dir
Andrea
p.s. Ganz seltene Male im Jahr überkommt mich auch noch ein Anflug. Meistens, wenn ich andere rauchen sehe, denke ich: bin ich froh, dass ich nicht mehr rauchen muss. Aber ich denk auch mal ne halbe Sekunde lang, wenn ich eine Raucherin sehe: Ich könnt jetzt grad auch...muss ich aber nicht, will ich nicht, das wäre ja so was von Igitt...